Chronik

Ohne Zahnarzt wär´s ein Pfeifenclub geworden

Rückblick auf 71 Jahre Boßel-Vereinsgeschichte

Im Monat März 1926 trafen sich einige junge Männer in der Gaststätte „Waldschenke“ in Mullberg. Inhaber der Gaststätte waren zu dieser Zeit Max und Dine Scheel. Die jungen Männer wollten einen Pfeifenclub gründen. An diesem Abend war auch der Wittmunder Zahnarzt Ette Janßen anwesend: Er riet den jungen Leute, lieber einen Boßelclub zu gründen.
Somit gründeten an diesem Abend folgende Männer den Boßelverein „Loot´n Loop´n“ Mullberg: Bruno Hartmann, Gerhard Hartmann (Mullberg), Hermann Meyer, Gerhard Hartmann (Streeker Weg), Harm Schoon (Jannburg), Harm Schoon (Türkei), Hermann Marken, Gerhard Schoon (Jannburg), Max Scheel und Hermann Betten.
Der 1. Vorsitzende des neuen Vereins wurde Hermann Betten, 1. Kassenwurt wurde Harm Schoon (Jannburg). Die ersten Boßelkugeln stiftete Zahnarzt Janßen aus Wittmund. An Beitrag wurden vierteljährlich 50 Pfennig gezahlt.

Von diesen Gründern leben nur noch Bruno Gartmann und Gerd Schoon (Jannburg). Bruno Hartmann ist noch heute Mitglied im Verein und somit 71 Jahre dem Verein treu geblieben.

Geboßelt wurde damals auf einem schmalen Radfahrweg von Mullberg am Streek entlang durch Hopels in Richtung Marx. Die Boßeler brauchten noch keine Techniken wie „Daumen“ oder „Finger“. Auf dem schmalen Sandweg war der sicherste Weg „liek ut Hand“. Es wurden Freundschaftskämpfe gegen benachbarte Vereine ausgetragen.

Durch den Beginn des 2. Weltkrieges trat eine Pause bis 1946 ein.

Nach dem Krieg, etwa Anfang 1946, wurde der Verein wieder aktiv. Die Zahl der Mitglieder lag bei ca. 25 Männern. In den nächsten Jahren meldeten sich weitere junge Männer an und ab 1950 wurde auf einer festen Straße geboßelt. Die Boßelstrecke des Vereins war jetzt von der Brücke in Wiesmoor Richtung Voßbarg bis zur Gaststätte Fiedler.

Das Vereinspreisboßeln blieb aber auf dem schmalen Streeker Weg. Bei Hans Schoon und Tini war dann für diesen Tag die Küche besetzt für das Ausfüllen von Karten oder eine kleine Pause mit Bier und Schnaps. „Onkel Hans“, wie wir ihn alle nannten, fuhr mit dem Fahrrad in diesen Jahren zu allen Mitgliedern, um sie zu informieren, wann Versammlungen stattfanden, geboßelt wurde oder es etwas zu Feiern gab.

Der Beitrag wurde zu dieser Zeit noch von Heinrich Steinmetz und Hermann Schmidt eingeholt. Dieses Freundschaftsboßeln gegen benachbarte Vereine, im Winter etwa 5 bis 6 Kämpfe, blieb bis 1973.

Anfang 1970 begannen wir das Flüchten mit der Klootkugel. Durch Gustav Gerdes und Gerhard Toben, die beide in Wiesmoor-Süd eine Siedlung übernommen hatten, kam es mit dem Klootschießen voran. Wir hatten selber in unseren Reihen mit Helmut Schmidt, Hermann Schmidt, Heinrich Caspers, Johann Schoon und Friedrich Baumann einige Klootschießer.

cropped-6.jpg Die Männer der ersten Stunde

1972 baute dann der damalige Europameister Martin Siefken in Mullberg ein Haus und wurde bei uns Mitglied im Verein.

Jetzt war die Mannschaft komplett, so daß wir zum ersten Mal die Wanderfahne des Kreisverbandes Friedeburg mit 203 m Vorsprung gewannen. Diese Fahne hatte bis dahin der Verein Wiesederfehn 26 mal gewonnen.

Zu dieser Flüchter-Gruppe kamen 1973 noch Friedrich Ekhoff und Heinrich Hinrichs und wir konnten die Fahne noch 6 Jahre verteidigen. Durch ein umstrittenes Urteil des 1. Vorsitzenden des Kreisverbandes mußten wir den Sieg und somit die Wanderfahne abgeben. Unser Verein hat seit dieses Zeit nicht mehr am Klootschießen teilgenommen.

Seit Beginn der Punktspiele nehmen wir mit Mannschaften der Männer I, II, III und IV, sowie mit einer Schüler- und Jugendmanschaft teil.

1997 ist die Mannschaft Männer III Kreismeister geworden und nimmt an den Aufstiegsspielen zur Landesliag teil.

Die Mannschaft Männer II wurde Vizemeister des Kreisverbandes.

An den Einzelmeisterschaften des Verbandes nehmen wir in allen Altersklassen teil. 1995 wurde unser Verein mit 16 Medaillen zweitbester Verein des Kreises.

Eine schöne Vereinsfahne bekamm der Verein 1974 durch Mithilfe und Planung von Hinrich Kapfermann. Diese Fahne wird nicht nur bei freudigen Anlässen wie dem Schützenfest und bei Jubiläen durchs Dorf getragen. Auch bei Sterbefällen unserer Mitglieder begleitet diese Fahne deren letzten Gang. Fahnenträger sind seit Anfang an Dieter Schoon, Frerich Schoon und Friedrich Baumann.

Zu festen Veranstaltung des Vereins sind das Winterfest im Januar, das Sommerfest am zweiten Wochenende des Monats Juni und das Toto-Boßeln geworden. Seit 22 Jahren unternimmt der Verein eine 4-Tagesfahrt mit guter Beteiligung. Manchmal werden 2 Busse eingesetzt.

1989 gaben Herman und Gesine Behrends aus Altergründen ihrre Gaststätte „Waldschenke“ auf und es fand sich kein Nachfolger. Der Verein stand jetzt ohne Unterkunft wie eine Familie ohne Wohnung dar. Wir wurden dann im „Danzdeel“ von Herbert und Marion Koch aufgenommen. Dort reichte der Platz jedoch nicht aus. Die Familie Koch wollte vergrößern, dieses scheiterte aber an den dazugehörigen Parkplätzen.

Vom Wasserwirtschaftsamt in Bremen konnten wir ein Baubüro von 10 x 17 m Größe erwerben. Nach einigen Überlegungen und der Klärung der Finanzen nahmen wir das Angebot an. An einem Wochenende wurde dieses Büro von 18 Mitgliedern abgebaut, auf 3 Fahrzeuge gestapelt und nach Mullberg transportiert. Die Fundamente waren auf dem Grundstück im Schulgarten bereits fertig und der Aufbau konnte beginnen. Ein Jahr später wurde das Bauwerk mit Klinkern verblendet und bietet so neben Küche, Heizraum und Toiletten Platz für 120 Personen. 62 Mitglieder haben insgesamt 2400 Stunden an unserem „Boßelhaus“ gearbeitet.

Im Jahre 1971 wollten unsere Frauen nicht mehr nur Zuschauer beim Boßeln sein, sie gründeten einen Frauenverein. Sie begannen mit 15 Frauen. 2 Jahre nach Beginn der Punktspile warfen sie sich mit einer 10er-Gruppe in die Bezirksliga. Dadurch wurde unser Verein in ganz Ostfriesland bekannt. In der Bezirksliga warfen die Frauen 7 Jahre bis sie wieder abstiegen. An den Punktspielen bei den Frauen nehmen folgende Gruppen teil: Damen I mit 20, Damen II mit 5, Damen III mit 10 Werferinnen und eine Jugend C-Gruppe. Unsere Frauen und Mädchen konnten in den letzten Jahren in den Einzelklassen und mit der Mannschaft viele Kreismeisterschaften gewinnen.

Die Mitgliederzahl betrug am 01.01.1997 bei den Männern 200 und bei den Frauen 50.

Aus „Mullberg 75 Jahre – 1922-1997“
Herausgegeben vom Arbeitskreis „75 Jahre Mullberg“ zur 75-Jahr-Feier 1997
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